Rede des Generalprinzmarschall Paul Middendorf aus Anlass des 125 jährigen Jubiläums

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde des Karnevals,
zunächst einmal möchte ich mich sehr herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie der Einladung gefolgt sind und damit Ihre Verbundenheit mit dem Münsterschen Karneval zum Ausdruck bringen.
Heute ist es nun soweit, wir können endlich unser 125 jähriges Jubiläum der PG unserer schönen Stadt MS angehen.
Ich habe mir in den letzten Wochen viele Gedanken gemacht, wie ich eigentlich so eine Festrede der PG gestalten soll.
Ich möchte meine Ausführungen in 3 Teile gliedern:
Ich möchte zunächst etwas zur Historie – keine Angst, ich beschränke mich auf das Wesentliche – ausführen, dann kurz eine Art Ist-Aufnahme formulieren und schließlich einige Gedanken zum Anspruch und zur Zukunft der PG entwickeln.

1) Beginnen wir also mit der Historie der PG
125 Jahre Prinzengarde Münster, man muss sich diese Zahl einmal historisch vor Augen halten. Damals regierte noch Kaiser Wilhelm II in Deutschland, von Demokratie war keine Rede, das Automobil startete gerade seinen Siegeszug und das heute so oft gebrauchte Wort „Digital“ existierte noch gar nicht; der erste Computer wurde schließlich erst 1945 in Betrieb genommen.
Damals traf man sich, wie uns die Annalen überliefern, bei Nachbarn, Bekannten und Freunden, meist rein zufällig und unterhielt sich spontan über die Dinge des täglichen Lebens. Es war die gute analoge Kommunikation. Und auch die Feiern waren analog. Sie fanden häufig schon wetterbedingt im Sommer statt. Doch es gab eine große Ausnahme: Das war der Karneval.
Er kam in den Wintermonaten gerade recht. Er sorgte für Abwechslung im gesellschaftlichen Leben, man tauchte in eine andere humorvolle Welt ein, vergaß die Alltagssorgen und schlüpfte in eine ganz andere Rolle, verkleidete sich. Der Karneval fand regelmäßig statt und er organisierte sich. Und wie das dann so ist: Es bedurfte eines „Vorsitzenden“, welcher der ganzen lustigen Bewegung vorstand: Prinz Karneval der Stadt Münster, auch bekannt als „Seine Tollität“. Ab 1896 haben die Freunde des Prinzen und dann alle ehemaligen Prinzen mit dem jeweils amtierenden Prinzen immer einen Freundeskreis gebildet. So ist es folgerichtig, dass sich die PG auf dieses Gründungsjahr beruft, auch wenn der Karneval in seinen Facetten schon im Mittelalter und auch davor die fünfte Jahreszeit bestimmte.
Die PG hat zwei große Niedergänge überlebt: Den Ersten Weltkrieg mit der sich anschließenden Armut, der Inflation und der großen Arbeitslosigkeit und den Zweiten Weltkrieg mit der völligen Zerstörung Deutschlands.
Es dauerte nach dem Zusammenbruch Deutschlands vier Jahre, bis sich erste Unentwegte zusammenfanden, um die Prinzentradition in den Trümmern wieder aufleben zu lassen.
Für die Prinzengarde gilt ein besonderer Dank an Mäcki Reuther, der im Jahre 1949 das Narrenzepter wieder in die Hand nahm und es über die Stadt MS schwang.
Es wurde ein Zeichen des Wiederaufbaus gesetzt, in Anlehnung an den Westfälischen Frieden trug sein Orden den Wahlspruch: „Pax Optima Rerum“ . (übersetzt: Der Frieden ist das Beste aller Dinge)
Mit dem Jubiläum der PG wird auch der Rosenmontagszug der Neuzeit 125 Jahre alt, obwohl er zahlreiche Unterbrechungen durch
Kriege, Notzeiten und Sturm erfahren hat. (Homann u Düllberg)
Interessant ist übrigens auch der Sprachgebrauch:
In Münster wurde bis zum 2. Weltkrieg gleichwertig sowohl von Karneval, als auch Fastnacht oder Fasching gesprochen.
Bei diesen Recherchen war mir unser PG Folker Flasse sehr hilfreich.
Bezug nehmen möchte ich auch noch gerne auf unser 100 jähriges.
Damals entstand das sogenannte Schwarzbuch der PG und man erregte viel Aufsehen, als man mit historischer Kleidung eine Kutschenfahrt durch Münsters Altstadt organisierte.

Zur Prinzengerade heute
Wie hat es der Journalist Claus-Jürgen Spitzer in der Tageszeitung 1996 einmal formuliert:
“Sie treten am liebsten im Rudel auf und haben nur ein Ziel vor Augen, ihren Prinzen zu unterstützen. Diesem Leitwolf ordnen sich alle unter, das ist ehernes Gesetz der PG. Sie sind selbstbewusst genug, um alleine ihren Mann zu stehen. Die Männer der Garde machen halt eine gute Figur. Ob im Dom, oder am Tresen, im Büro oder auf dem Tanzparkett. Auf diese Jungs kann MS stolz sein.“
(Zitatende !!)

Soweit der Blick von außen. Tatsächlich wird auch schon mal sehr intensiv in der PG diskutiert. Vielleicht lässt es sich aus der Perspektive eines Chemikers so sagen:
Die PG ist eine heterogene Gemeinschaft, die nach Homogenität strebt, diese aber nicht immer erreicht, weil ihre Moleküle zu unterschiedlich sind.
Aber vielleicht ist es auch gerade dies, was den Reiz, den Kitt der PG ausmacht. Die PG ist alles, aber mit Sicherheit kein „JA-Sager Verein.“
Schließlich sind viele ganz unterschiedliche Menschen in der Prinzengarde engagiert: Z.B. erfolgreiche Kaufleute, Freiberufler und Angestellte, Handwerksmeister, Mittelständler und Akademiker.
Sie alle unter einen Hut zu bringen ist nicht immer ganz einfach, von daher sind manchmal viel Geschick, Diplomatie und Ausdauer bei der Arbeit des Geprimas gefragt, um bestimmte Ziele zu erreichen.
Da ist die Arbeit innerhalb der Pinzengarde, der einer Fraktion nicht ganz unähnlich. Aber wir haben zwei Vorteile. Es gibt nur eine Regierungsfraktion und bei uns geht mit Humor alles besser.

Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit mit der Politik: (Hendrik)
Eine Partei ist immer dann besonders stark, wenn sie geschlossen und gemeinsam auftritt.
Dies trifft natürlich auch auf einen Verein, eine Gesellschaft und eben auf die PG zu.

Zur PG gehört natürlich auch die „Stadtwache“ und „Die Prinzen-fanfare“.
Sie sind seit Jahren fester Bestandteil der PG und geben dem Prinzen und der Garde immer ein farbenprächtiges und stimmungsvolles Bühnenbild.

Auch die Sponsoren sind ein fester Bestandteil der PG und des münsterschen Karnevals. Ohne sie geht es nun mal nicht.
Stellvertretend seien hier die Firma Beresa (Prinzenwagen), die Warsteiner Brauerei( Siggi Höing und Martin Dreyer) und natürlich
die Druckerei Thiekötter (Prinzenballheft z. B.) erwähnt.

2. Zur Perspektive der PG
Liebe Freunde, machen wir uns nicht vor.
Der Stellenwert des Karnevals und der Prinzengarde hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Wie viele gesellschaftliche Gruppen und Einrichtungen erfahren auch wir einen gewissen Resonanzverlust:
Säumten in den 1960er und 1970er Jahren noch mehrere Tausend Närrinnen und Narren bei der Prinzenproklamation den Prinzipalmarkt, so sind es heute deutlich weniger.
Das Interesse und die Begeisterung für den Münsterschen Karneval ist in der Bevölkerung spürbar zurückgegangen.
Mehr denn je, heißt es heute bei größeren Teilen der Jugend: lieber digital einige Photos/Videos anschauen, als live mir irgendwelche
lang andauernden Galasitzungen „reinzuziehen“.

Aber ist dem wirklich so? Ist diese Analyse vollumfänglich zutreffend?

Seit Jahren beobachten wir bei der PG und bei den anderen Münsterschen Karnevalsvereinen einen Trend:
Die Veranstaltungen, die mit Niveau, Klasse und gut organisiert durchgeführt werden, erfahren einen guten Zulauf und sind meist im Vorfeld schnell ausgebucht (Prinzenball, Mädchensitzung).
Das Eintrittsgeld ist, meines Erachtens, hier erstmal nicht entscheidend, vielmehr das Come-together, das Zusammenkommen, Spaß haben, Runter kommen vom Alltag, mal wieder die „Birne frei bekommen“ bei gutem Entertainment und in netter Gesellschaft.
Nebenbei kann ich so noch meinen Freundes.- und Freundinnenkreis analog erweitern.
Und dies kann mir keine digitale Veranstaltung bieten.

Der Slogan „Lieber analog miteinander als digital nebeneinander“ bringt es auf den Punkt.
Hier liegt die Chance bei der PG und beim Münsterschen Karneval, die Zeichen der Zeit zu erkennen und entsprechend
bei den Veranstaltungen zu reagieren.

Die PG ist eine starke Gemeinschaft, sie hat in ihrer 125 jährigen Geschichte, 1 Kaiser, 2 Reichspräsidenten, 16 Reichskanzler,
12 Bundespräsidenten und 7 Bundeskanzler + 1 Bundeskanzlerin
überlebt.
Und, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie noch den 9 Bundeskanzler
überleben wird.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Münster Helau
Geprima Paul Middendorf