116 Jahre Prinzengarde
Wann regierte der erste Prinz in Münster über sein närrisches Volk? Diese Frage läßt sich kaum genau beantworten. Im Mittelalter war die Zentralfigur für die Zunftgemeinschaften, die das Treiben zur Fastnachtszeit bestimmten, zunächst gar kein Mensch sondern eine Strohpuppe, wie wir sie heute noch in der Form des „Morio“ oder des „Carnevalisto Mauritio“ kennen.
Im 16. Jahrhundert liest man Bezeichnungen wie Doctor oder Narr, aus Nürnberg hört man den Titel Junker Karneval. Die Symbolfigur des Faschings wird bei den Straßenlustbarkeiten und Umzügen dieser Zeit bereits durch eine besonders humorvolle, geistreiche aber auch nicht ganz ernstzunehmende Person (daher kommt ja auch die Bezeichnung närrisch, Narr = Tor) dargestellt. Parallel dazu kennt man bei den Fürstenhöfen die Hofnarren oder Harlekine, die für sich in Anspruch nehmen können, offen die Wahrheit sagen zu dürfen. Würde dasselbe ein öffentlich Bediensteter tun, so konnte es ihm den Kopf kosten.
Unter dem Titel „Das römische Carneval“ erschien Ende des 18. Jahrhunderts ein Reisebericht aus der Feder Goethes, in dem er u.a. den Carnevalscorso in Rom mit dem König Carneval als Hauptfigur beschreibt. Aus dem Jahr 1824 ist eine Zeichnung aus Köln erhalten, die die Person des „Helden Carneval“ in den Mittelpunkt des närrischen Geschehens stellt. Er ist bereits mit allen Insignien eines weltlichen Herrschers (Krone, Zepter) abgebildet und soll durch den Glanz seiner Erscheinung die Feste verschönern und seine närrischen Untertanen durch Orden, Bonbons und Blumensträuße erfreuen.
In Programmheften aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und vielen frühen Liedern der ältesten münsterischen Karnevalsgesellschaft „Freudenthal“ werden „Prinz Geck“, „Prinz Fortunat“, „Prinz Carneval“ und „Prinzessin Vineta“ gefeiert. So ist es eine Tatsache, daß Münster im bürgerlichen Karneval des vorigen Jahrhunderts eine Prinzessin kennt, die dann aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts „verschwunden“ ist.
In einem Lied aus dieser Zeit heißt es u.a.:
„Prinz Geck zog einst von Land zu Land.
Wo er ein freundlich Städtchen fand…
Er kam nach Münster an der Aa…
Hier bleib‘ ich; diese Stadt ist wert,
Daß sie mein lust’ger Thron beehrt.“
In der Geschichte des münsterischen Karnevals gebührt besonders der 1859 gegründeten „Kaufmännischen Gesellschaft Union e.V.“ große Verdienst um das heimatliche Brauchtum. Sie engagierte sich natürlich auch im Karneval und inspirierte den ersten Karnevalszug in Münster unter Prinz Christel (Christian Kortmann). Die Union trat zur Karnevalszeit unter der Bezeichnung „No-i-nu“ auf. „No-i-nu“ ist dasselbe wie „Union“, nur rückwärts gelesen. Der letzte Präsident der „Union“ war der Kaufmann Gerhard Koberg, Vater des Prinzen Max I. (1934).
Liste der Prinzen von 1896 bis 1939
Jahr | Prinzenname | bürgerlicher Name | |
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1896 | Prinz Christel | Christian Kortmann | |
1897 | Prinz Heinrich | Heinrich Sax | |
1898 | kein Prinz | ||
1899 | kein Prinz | ||
1900 | Prinz Carl I. | Carl Dülberg | |
1901 – 1908 |
Unterlagen im Krieg verlorengegangen. Wird neu recherchiert | ||
1904 | Prinz Werner * | Werner Maintz
* Da die Dokumente im Krieg verloren gegangen sind, wurde 1958 Werner Küstermeyer zu Prinz Werner I. |
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1909 | Prinz Franz I. | Franz Falger sen. | |
1910 | Prinz Carl | Carl Raape | |
1911 | Prinz Franz II. | Franz Wördemann | |
1912 | Prinz Walter I. | Walter Huster | |
1913 | Prinz August | August Lördemann | |
1914 | Prinz Bernhard | Bernhand Böckmann | |
1915 – 1929 | Während des Ersten Weltkrieges ruht das Amt. In der Nachkriegszeit, der Zeit der Inflation aber auch in den sog. odden Zwanzigern bleibt der öffentliche Karneval durch den Preußischen Innenminister und den Regierungspräsidenten in Münster verboten. Die Polizei muß jeden Versuch verhindern, daß die 1923 „erlassene preußische Verordnung über die Einschränkung von Vergnügen“ durch Hinaustragen karnevalistischer Veranstaltungen auf die Straße durchbrochen wird. | ||
1930 | Prinz Pinkus | Karl-Pinkus Müller | |
1931 | Prinz Pinkus | Karl-Pinkus Müller | |
1932 | Prinz Pinkus | Karl-Pinkus Müller | |
1933 | kein Prinz | ||
1934 | Prinz Max I. | Max Koberg | |
1935 | Prinz Johann-Heinrich | Johann-Heinrich Löfken Generalprinzmarschall von 1934 – 1949 |
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1936 | Prinz Helmut | Helmut Mindermann | |
1937 | Prinz Ludger | Ludger Falger jun. | |
1938 | Prinz Georg I. | Georg Steingaß | |
1939 | Prinz Kurt I. | Kurt Glock |
Bedingt durch den Verlust vieler Aufzeichnungen und Chroniken während des Zweiten Weltkrieges sind bei der Rekonstruktion der Übersicht über die Karnevalsprinzen der Stadt Münster sowohl durch die Prinzengarde selbst als auch durch den Chronisten Walter Werland („Karneval in Münster – Helau! Hurra!“) Fehler gemacht worden, die bei den alljährlich erscheinenden Übersichten immer wiederholt wurden. Bei der Durchsicht der Chroniken der „Die Wiedertäufer am Buddenturm“ konnten durch die damaligen Prinzeneigenhändig gezeichnete Dokumente gefunden werden, die die Übersichten teilweise korrigieren.
In den Jahren 1898 und 1899 war der Rosenmontagszug nach einem tödlichen Unfall in Verbindung mit der Oberleitung der Straßenbahn verboten worden. So wurde auch kein Prinz ernannt. Die Jahre von 1901 bis 1908 können zur Zeit noch nicht präzise mit den Namen der Prinzen belegt werden. Im Buch von Walter Werland „Münster – so wie es war“ heißt es auf Seite 24: „Das Amt des Prinzen hatten u. a. Wilhelm Baltzer und Ludwig Brinkmann inne.“ Da keine Jahreszahlen angegeben sind, lassen sich Wilhelm Baltzer und Ludwig Brinkmann leider noch nicht zuordnen. Für das Jahr 1904 findet sich im Stadtarchiv ein Prinz mit dem Nachnamen Mainz.