Wie wird man Prinz Karneval?

Jedes Jahr stellt sich für die Prinzengarde und den Generalprinzmarschall (Geprima = erster Vorsitzender) die Aufgabe neu, einen Prinzen Karneval für die kommende Session zu finden. Nun kann man sich nicht einfach bei der Prinzengarde, einer Gesellschaft oder dem Bürgerausschuß Münsterscher Karneval melden und sich bereit erklären, im nächsten Jahr das Prinzenamt zu übernehmen.

Es ist das Vorrecht der Prinzengarde der Stadt Münster von 1896, den jeweils neuen Prinzen zu bestimmen. Unmittelbar nach Aschermittwoch halten deshalb der Geprima und seine Freunde Ausschau nach einer geeigneten und genehmen Persönlichkeit. Manchmal liegt bereits zum Ende einer Session der neue Prinz schon fest, manchmal wird er im Sommer gefunden. Es hat aber auch schon Jahre gegeben, in denen die Prinzengarde die richtige Person erst acht bis sechs Wochen vor dem nächsten 11.11. präsentieren konnte. Gefunden wurde aber immer der entsprechende Kandidat, so dass ein ehemaliger Prinz das Amt nicht zwei Mal hintereinander ausüben musste. Zuweilen liegt auch eine Person für eine in der Zukunft liegende Session bereits fest.

Haben die Prinzengarde und der Geprima den richtigen Kandidaten gefunden, so wird mit ihm Kontakt aufgenommen und gefragt, ob er das höchste närrische Amt in Münster ausüben möchte. Sollte er zustimmen, so werden mit ihm auch andere wichtige Einzelheiten besprochen, wie seine Verfügbarkeit in der Session, besondere Vorlieben, der Programmrahmen, sein Beitrag zu den Kosten und vieles mehr. Ganz besonders wichtig ist der Prinzengarde, dass der neue Freund nicht nur in den Freundeskreis passt, als der sich die Prinzengarde versteht (seit einigen Jahren ist die Prinzengarde aufgrund finanzamtlicher Erfordernisse auch ein eingetragener Verein), sondern dass die Ehefrau des neuen Prinzen auch der Kandidatur zustimmt und voll hinter dem närrischen Vorhaben ihres Mannes steht. Sollte seitens der Ehepartnerin der Kandidatur deutlicher Widerstand entgegen gebracht werden, so muß der vorgesehene Prinz auf seine neue Aufgabe verzichten. Das gesamte Auswahlverfahren ist höchst vertraulich.

Sind alle Voraussetzungen für das neue Amt geklärt, so muß die gesamte Prinzengarde in einer Generalversammlung ein einstimmiges Votum für den neuen Kandidaten abgeben. Ist auch diese Hürde genommen, wird der neue Prinz gebeten, sich der Garde vorzustellen. Dann wird mit ihm aus dem „Becher der Freude“, einem traditionellen Silberpokal, der Freundschaftstrunk genommen und dem neuen Freund das „Du“ angeboten, soweit man sich aus früheren Begegnungen nicht schon sehr persönlich kennt. Danach wird die Presse, die jedes Jahr wieder begierig nach der entsprechenden Neuigkeit trachtet, informiert. Am darauf folgenden Tag weiß dann auch die Öffentlichkeit, wer sich anschickt, die Stadt in der fünften Jahreszeit zu regieren und wer am Karnevalssonntag dem Oberbürgermeister den Stadtschlüssel abnimmt.

Nach der Aufnahme in die Prinzengarde befindet sich der neue Prinz nicht sofort im Amt, sondern bis zum 10.11. regiert noch sein Vorgänger. Humorvollerweise wird er bis zur Amtsübernahme häufig als Prinz i. L. = Prinz in Lauerstellung bezeichnet.

Am 11. 11. um 11.11 Uhr wird der neue Prinz im Rathaus dem Oberbürgermeister vorgestellt. Danach erfolgt die Prinzenproklamation auf dem Sentenzbogen des Stadtweinhauses. Bei dieser Zeremonie erhält der neue Prinz als Zeichen seiner Macht und seiner Würde das traditionelle Zepter, das bereits auf einem Foto aus dem Jahr 1896 zu sehen ist. Dann beginnt für ihn der Ernst des närrischen Lebens. Vor Weihnachten hat er nur wenige Termine wahrzunehmen, nach dem 6. Januar geht es für ihn aber bis Aschermittwoch Schlag auf Schlag. (F. F.)